Umweltaktivisten werfen Öl- und Gasindustrie Steuervermeidung vor
Die Öl- und Gasunternehmen in der EU haben die von ihnen geforderten "Windfall Taxes" bisher überwiegend umgangen.
Diesen Vorwurf erhebt Fossil Free Politics, eine Koalition von Umweltverbänden, die darauf in der vergangenen Woche mit einer Protestaktion in Brüssel aufmerksam gemacht hat.
Die Zusatzsteuer wurde während der Energiekrise erhoben, da die Gewinne der fossilen Energieträger in der Zeit immens gestiegen waren.
Jeder Mitgliedstaat hat dabei laut Fossil Free Politics eine andere Geschichte. In Italien zum Beispiel hat der Energiegigant Eni, der seine Nettogewinne aufgrund des Anstiegs der Gaspreise mehr als verdoppelt hatte, eine von der Regierung von Mario Draghi beschlossene "Windfall Tax" von 25 Prozent vermieden.
Dazu erklärt Alessandro Runci von Recommon IT gegenüber Euronews:
"Das Gesetz war so schlecht formuliert, dass alle Energieunternehmen dagegen geklagt haben. Aus den ursprünglich erwarteten Einnahmen in Höhe von 11 Mrd. Euro wurden 2,8 Mrd., die die Steuer tatsächlich einbrachte. "
In Tschechien hat der Eigentümer des fossilen Unternehmens EPH öffentlich damit gedroht, eine seiner Gesellschaften ins Ausland zu verlagern, weil die vorgeschlagene "Windfall Tax", die ursprünglich auch die Gewinne ab 2022 abdecken sollte, 100 Prozent betragen sollte.
Radek Kubala von ReSet CZ erläutert:
"Es ist ihnen gelungen, die Einführung der "Windfall Tax" auf 2023 zu verschieben. Der größte Teil ihrer Gewinne unterliegt also nicht der Windfall-Tax. Und es ist ihnen auch gelungen, einen Teil des Netzes abzumildern, so dass die Steuer ab 2023 nicht mehr 100 Prozent, sondern nur noch 60 Prozent beträgt.
Auch in Spanien gab es Probleme bei der Anwendung der Windfall-Steuer. Es sollte eine Abgabe von 1,2 Prozent der Einnahmen der Unternehmen ab 2022, bei Gewinnen der Unternehmen von 35 Prozent sein.
Dazu Irene González vom Bündnis gegen Energiearmut Catalunya:
"Endesa und Iberdrola führen eine noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsstreit über diese Steuer, weil sie sagen, dass das, was die Europäische Union empfohlen hat, eine Gewinn- und keine Einkommenssteuer sei, und dass ihnen das schadet."
Im September 2022 hatte sich die EU auf eine befristete Abgabe für Unternehmen geeinigt, die von den steigenden Energiepreisen profitieren: ein "Solidaritätsbeitrag", der auf Gewinne erhoben wird, die über 20 Prozent des Durchschnittsprofits eines Unternehmens liegen.
Aktivist:innen behaupten, dass auch diese Steuer von der Lobbyvereinigung der fossilen Brennstoffe verwässert wurde. Diese bestreitet dies jedoch.
So erklärte Nareg Terzian, Leiter der Abteilung Strategie und Kommunikation der IOGP Europa, gegenüber Euronews:
"In einer Energiekrise, die mit der Gasversorgung zusammenhängt, ist es, denke ich, völlig normal, dass sich auch der Gassektor in diesem Fall an den Diskussionen mit der Europäischen Kommission beteiligt. Für mich ist das gesunder Menschenverstand."
Laut dem Bericht "cold homes, hot profits" gab es im Jahr nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine über 200 Treffen zwischen EU-Beamten und Lobbyisten der fossilen Energieträger, also fast eines pro Arbeitstag.