Vitali Klitschko bei Kerner: "Müssen alles tun, um diesen Sch***-Krieg zu stoppen"

Als Kiewer Bürgermeister erlebt der ehemalige Profiboxer Vitali Klitschko (links) die Ausnahmesituation des russischen Angriffskriegs hautnah mit. Mit Johannes B. Kerner unterhielt sich Klitschko im MagentaTV-Talk "Bestbesetzung" über seine Erlebnisse. (Bild: MagentaTV / Max Kohr)
Als Kiewer Bürgermeister erlebt der ehemalige Profiboxer Vitali Klitschko (links) die Ausnahmesituation des russischen Angriffskriegs hautnah mit. Mit Johannes B. Kerner unterhielt sich Klitschko im MagentaTV-Talk "Bestbesetzung" über seine Erlebnisse. (Bild: MagentaTV / Max Kohr)

Die Ukraine befindet sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Ausnahmezustand. Mittendrin kämpft Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko für die Zukunft seines Landes. In Johannes B. Kerners Talkshow "Bestbesetzung" spricht der ehemalige Box-Champ über die Tragödie.

Als Bürgermeister der Hauptstadt Kiew bekommt Vitali Klitschko die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hautnah mit. Selbige schilderte der ehemalige Boxweltmeister nun in Johannes B. Kerners MagentaTV-Talk "Bestbesetzung" (abrufbar ab Dienstag, 10. Oktober), erklärte aber auch, warum er dennoch die Hoffnung nicht aufgibt. "Das ist eine riesige Tragödie", hielt der Politiker fest: "Und wir müssen alles machen, um diesen Sch***-Krieg zu stoppen." Sein bisheriges Resümee des Krieges: "Wir verteidigen seit mehr als anderthalb Jahren erfolgreich unser Land gegen die stärkste Armee in der Welt."

Der 52-Jährige, der seit 2014 das Bürgermeisteramt in Kiew innehat, hätte solche Zustände in seinem Land nie für möglich gehalten. Inzwischen ist die Bedrohung des eigenen Lebens für Klitschko trauriger Alltag, mit Gastgeber Kerner traf er sich an einem geheimen Ort in Berlin. Anzug und Hemd zu tragen, sei für Klitschko jedoch ungewohnt. Der Ex-Box-Champ trägt sonst Uniform - nicht, um ein Zeichen zu setzen, wie er erklärte, sondern aus praktischen Gründen. Die Uniform sei bequem und außerdem wisse man in seinem Amt zu Beginn des Tages nie, wo er endet: möglicherweise bei der Feuerwehr oder in einem Bunker.

Als besonders berührenden Moment der Kriegszeit nennt Klitschko die Evakuierungen in der zweiten Woche. Am überfüllten Kiewer Hauptbahnhof habe er ein kleines weinendes Kind gesehen, das seine Eltern suchte. "Alles gut, Mama und Papa kommen gleich", habe er ihm gesagt. "Dann kam eine Frau, die leise zu mir sagte, dass seine Eltern gestorben seien. [...] Das war ein Tiefschlag für mich."

Vitali Klitschko (links) traf sich mit Gastgeber Johannes B. Kerner aus Sicherheitsgründen an einem geheimen Ort in Berlin. (Bild: MagentaTV / Max Kohr)
Vitali Klitschko (links) traf sich mit Gastgeber Johannes B. Kerner aus Sicherheitsgründen an einem geheimen Ort in Berlin. (Bild: MagentaTV / Max Kohr)

"Manchmal bekommst du Tiefschläge - das ist Politik"

Ob er Angst um sein Leben, seine Mitmenschen und seine Familie habe, wollte Kerner wissen. "Sorge. Angst ist der falsche Ausdruck", erklärte Vitali Klitschko. "Alles muss gut funktionieren." Er sorge sich um sein Team, um seine Stadt, um sein Land. Stundenlang könne man durch ukrainische Städte und Dörfer fahren, überall ständen Häuser leer. Jedes leere Fenster bedeute eine obdachlose Familie, irgendwo: "mit Arbeit, ohne Arbeit, mit Zukunft, ohne Zukunft".

Kerner führte aus, über 90 Prozent der Ukrainerinnen und Ukrainer glaubten, es wäre möglich, jeden Quadratzentimeter des Landes gegen Russland zu behaupten. "Glaubst du, das wird so kommen?", wollte der Talkmaster vom Politiker wissen. Klitschko nickte nach kurzem Zögern: "Ich kämpfe dafür."

Darüber hinaus wird bei "Bestbesetzung" auch die Jugend sowie die sportliche Laufbahn des Ukrainers - auch sein Bruder Wladimir war als Boxer sehr erfolgreich - thematisiert: "Im Boxkampf hast du einen Gegner. Und wenn jemand die Regeln bricht, wirst du disqualifiziert. Im politischen Kampf hast du nicht nur einen Gegner, sondern sehr viele." Klare Regeln gebe es nicht. "Manchmal bekommst du Tiefschläge und manchmal Schläge in den Rücken - das ist Politik. Deswegen würde ich sagen, es ist viel einfacher, Weltmeister im Schwergewicht im Boxen zu werden, als Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt zu sein", sagte Klitschko.