"Total krasser Ego-Anfall"

"Total krasser Ego-Anfall"
"Total krasser Ego-Anfall"

Es war die „allerschwierigste Entscheidung“ von Joachim Löw: Auf dem Weg zum WM-Titel 2014 in Brasilien nahm der damalige Bundestrainer vor dem Viertelfinale gegen Frankreich Per Mertesacker aus der Startelf - weil durch die Versetzung von Philipp Lahm aus dem Mittelfeld nach hinten rechts Jérôme Boateng in die Innenverteidigung ging.

„Ich konnte ihm die Entscheidung nicht zu 100 Prozent erläutern. Ich habe mich selber schwergetan“, schilderte Löw nun in der ARD-Dokumentation „Wir Weltmeister - Abenteuer Fußball-WM 2014″.

Ein Grund sei die größere Geschwindigkeit bei Mats Hummels - dann Torschütze des 1:0-Siegtreffers - und Boateng gewesen. „Wenn du hörst, du spielst morgen nicht, ist dir alles egal. Du hörst da gar nicht zu. Das ist ja auch unwichtig“, sagte Mertesacker, der von einem „ganz großen Test für mich“ sprach.

Mertesackers „voll krasser Ego-Anfall“

Löw erklärte: „Per hat zu mir gesagt: ‚Trainer, Sie müssen jetzt nicht irgendwie nach Dingen suchen. Ich hab‘s verstanden. Es ist für mich ein unglaublicher Tiefschlag.‘“ Ein Tiefschlag, der beiden Protagonisten Schlaf kostete. Das Gespräch ließ beide mit einem schlechten Gefühl zurück.

„Ich konnte nicht schlafen die ganze Nacht. Ich konnte nicht schlafen die ganze Nacht“, wiederholte sich Mertesacker: „So etwas habe ich noch nie erlebt. Nicht eine Sekunde! Ich habe es versucht, einzupennen. Und das ging nicht.“

Er habe sich „immer nur gefragt: Warum ich? Warum ich? Warum ich? Warum ich? Voll krass. Voll krasser Ego-Anfall. Total krasser Ego-Anfall. Ich habe gedacht: Das kann nicht wahr sein.“

„Weltklasse“: Mertesackers neue Rolle

Auch Löw konnte laut eigener Aussage „Ewigkeiten nicht einschlafen, weil es mir wehgetan hat. Denn Per hat mich bis dato nicht enttäuscht.“ Am nächsten Tag sei Mertesacker aber über seinen „Ego-Anfall“ hinweg gewesen.

„Es hat zwölf Stunden gedauert, bis ich gesagt habe: Jetzt bin ich drüber. Jetzt muss ich das schlucken, Teamplayer sein, volle Energie bringen, Vorbild Nummer 1 sein.“

Gesagt, getan. In den kommenden Tagen bis zum Final-Triumph gegen Argentinien, bei dem der Verteidiger noch spät ins Spiel kam und einen Ball per Kopf klärte, verhielt sich Mertesacker als Teamkollege „vorbildlich“, sagte Löw: „Die Rolle, die für ihn extrem hart war, hat er perfekt ausgefüllt. Das war eine herausragende Leistung.“

Auch Bastian Schweinsteiger konnte „nur den Hut ziehen. Weltklasse! So wie er war, wünscht man sich heutzutage alle Spieler, die ihre Rolle so akzeptieren.“