Chaos in Sri Lanka: Wütende Menge stürmt Büro des Premierministers

In Sri Lankas Hauptstadt Colombo machen Zehntausende Menschen ihrer Wut Luft. Eigentlich hätte an diesem Mittwoch Präsident Gotabaya Rajapaksa zurücktreten sollen, stattdessen ist er auf die Malediven geflohen – und hinterlässt ein Land am wirtschaftlichen und politischen Abgrund.

Präsident flieht ins Ausland, Ausnahmezustand erklärt

Premier Ranil Wickremesinghe übernimmt Rajapaksas Amtsgeschäfte – und das obwohl eigentlich auch er seinen Posten räumen wollte.

Parlamentssprecher Mahinda Yapa Abeywardena erklärte: "Seine Exzellenz, Präsident Gotabaya Rajapaksa, hat das Parmalent darüber informiert, dass er gemäß Artikel 37.1 der Verfassung Premierminister Ranil Wickremesinghe zu seinem Vertreter ernannt hat, da er sich außerhalb des Landes befindet."

Die Polizei geht mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die Demonstrierenden vor – doch das hinderte diese nicht daran, den Amtssitz des Premiers zu stürmen. Seit Mittwochmorgen gilt der Ausnahmezustand.

Wegen einer schweren Wirtschaftskrise rollt seit März eine beispiellose Protestwelle durch Sri Lanka, seit dem Wochenende eskaliert die Lage. Eine neue All-Parteien-Regierung soll Ordnung ins politische Chaos bringen,  doch momentan sieht es nicht so aus, als würde sich die Lage beruhigen.

Kaum Lebensmittel und Treibstoff

Der Inselstaat südlich von Indien mit seinen etwa 22 Millionen Einwohnern durchlebt die schwerste Krise seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1948. Die Wut der Demonstranten speist sich unter anderem aus dem seit Monaten bestehenden Mangel an Treibstoff und Gas zum Kochen, aber auch aus fehlenden Medikamenten und Lebensmitteln.

Auch die hohe Inflation und stundenlange Stromausfälle sorgen für großen Unmut. Ein Grund dafür ist, dass Einnahmen aus dem wichtigen Tourismus im Zuge der Corona-Pandemie eingebrochen sind. Dem stark verschuldeten Land fehlt das Geld, um wichtige Güter zu importieren.

Angesichts der Krise hat die Regierung unter anderem den Internationalen Währungsfonds sowie Indien, China, Russland und andere Länder um Hilfe gebeten. Das UN-Nothilfebüro warnte im Juni, die schwere Wirtschaftskrise könne eine sich anbahnende Hungerkrise in Sri Lanka verschärfen. Das Land war zuvor zehn Jahre lang auf einem guten Entwicklungsweg und kam ohne humanitäre UN-Hilfe aus.