Deutschlands bester Döner kommt ... nicht aus Berlin!
Achtung: Gefahr von Speichelfluss! In der zweiten Folge von "Lege kommt auf den Geschmack" wagt sich der Experimental-Koch und Lebensmittel-Experte an das beliebte Mitnahme-Gericht. Mit wissenschaftlichem Ehrgeiz geht Sebastian Lege der Frage auf den Grund, was den perfekten Döner auszeichnet.
Sebastian Lege liebt markige Sprüche. Doch diese scherzhafte Warnung sollte man ernst nehmen: "Da läuft euch das Wasser so im Mund zusammen, da braucht ihr eine Woche nicht zu trinken", sagt der Lebensmittel-Experte mit dem Daniel-Düsentrieb-Labor gleich zu Beginn der zweiten Folge von "Lege kommt auf den Geschmack" (VOX).
Man muss sagen: Lege übertreibt nicht. Sobald sich vor der Kamera der Dönerspieß zu drehen beginnt, setzt automatische Vorfreude auf Fast-Food-Hochgenuss ein. "Ich habe den besten Job der Welt", meint der Mann aus Bremen. Und es sieht diesmal ganz so aus, als ob er recht hat.
"Oh Gott, warum bin ich nur so großkotzig?"
Tatsächlich gehen landesweit täglich Tausende Döner über die Theke, das türkisch-deutsche Nationalgericht gilt als einer der beliebtesten Mitnahme-Mahlzeiten. Doch was genau macht das Geheimnis des perfekten Döners aus? Und wie lassen sich Fleischqualität, Rezeptur, Brot, Zutaten und Zubereitungsweise vielleicht doch noch optimieren? Sebastian Lege begibt sich einmal mehr auf Forschungsreisen und stellt sich einer knallharten Challenge: Der Döner-Laie will gegen zwei der deutschlandweit erfolgreichsten Döner-Verkäufer antreten.
Den Mund hat Sebastian Lege dabei wieder einmal ziemlich voll genommen. Lege möchte einfach alles besser machen. "Oh Gott, warum bin ich nur so großkotzig", scherzt er über sich selbst. "Größenwahn hat einen Namen: Sebastian Lege." Das letzte Wort haben 50 Testesser. Sie müssen über die "Deutschlands besten Döner" urteilen.
Los geht's mit einer Flugreise nach Bursa. Dort sucht Lege eine Gaststätte auf, wo - der Legende nach - vor 160 Jahren der sogenannte "Iskender Kebab", ein Döner-Drehspieß-Gericht, erstmalig aufgetischt wurde. Die Nachfahren halten die Ursprungsidee des Erfinders nun schon in fünfter Generation in Ehren. Dort schnappt Lege eine Maxime auf, die ihn zunächst überrascht.
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"Keine Gewürze, nur Salz" komme an das Kalbs- und Lammfleisch, das von Holzkohle erhitzt wird. Eingelegt wird das Fleisch zur Vorbereitung in eine Zwiebelwasser-Lake. Zum Schluss gießt der Kebab-Koch jede Menge Butter über die Fleischstreifen. Lege jubelt in Superlativen: "Das Beste, was ich jemals gegessen habe."
Sebastian liebt Butter. Und sieht man auch
Wenig später probiert er sich dann auch noch durch die Gassen Istanbuls. Die Überraschung: Hier dreht sich der Döner in quadratischen Fleisch-Säulen - eine Anregung, die Lege gleich mit ins heimische Lab nimmt. Dort formuliert er ein erstes Ziel für den Koch-Wettkampf: "Die Strategie von meinem Dönerspieß lautet: Saftigkeit, Saftigkeit, Saftigkeit." Und auch die Butter-Tricks aus der Türkei möchte er adaptieren. "Ich will gewinnen - und mit Butter gewinne ich", sagt Lege. "Ohne Butter macht das Leben keinen Sinn", meint der überzeugte Fett-Freund. "Mein Körper ist aus Butter gemacht."
Lege nutzt Butter und auch aus Kalb- sowie Lamm-Stücken ausgelassenes, später sorgfältig filtriertes Fett, um sogenanntes Hackfleisch-Brät zu kneten. "Das ist der Kleber, der mein Fleisch zusammenhält", erklärt Lege, dem die Schichtung der Fleischlappen auf dem Spieß besonders am Herzen liegt. "Die Kunst eines guten Dönerspießes ist, dass er hält." Dabei dienen die Fettschichten als Stabilisatoren. Doch mit jedem Bastel-Schritt wächst der Respekt: "So ein Döner ist gar nicht so einfach, wie er ausschaut."
"Da werden meine animalischen Instinkte wieder wach"
Da raucht, zischt und funkt es wieder im Düsentrieb-Labor: Lege greift sogar zum Trennschleifer, um ein Metallteil für die Drehspieß-Anordnung zu bearbeiten. In sein sogenanntes "Aromakörbchen" steckt der Döner-Fan Zwiebeln, Tomaten, Paprika, Zitrone und - als Clou - mehrere glühende Holzkohlestückchen. Wie die oben aufgesteckte Zwiebel, die man aus vielen Döner-Läden kennt, soll sich sein Metall-Körbchen auf dem Spieß mitdrehen und quasi in einer Aroma-Dusche das Fleisch darunter zusätzlich würzen.
"Eine Wellnessbehandlung", meint Lege, der kaum an sich halten kann: "Da werden meine animalischen Instinkte wieder wach", stöhnt er. "Ich flipp' aus - ich hab Hunger."
Höchste Zeit, den ersten Final-Gegner etwas näher anzusehen - und vielleicht auch ihm noch ein paar entscheidende Geheimnisse zu entlocken: Döner-Profi Yüksel betreibt seit 1981 sehr erfolgreich das "Alaturka" in Stuttgart - einen Döner-Betrieb, der sich durch höchstes Qualitätsbewusstsein bei den Zutaten auszeichnet. So spießt Yüksel ausschließlich Entrecôte-Rindfleisch auf - teure Stücke, die in anderen Restaurants als edle Steaks verkauft werden würden.
"Brachial, wollüstig und blutrünstig": Bei "The Taste" wird es immer deftiger
"Der hat positiv einen an der Ratsche", staunt Sebastian Lege. In gewisser Weise schadet sich der idealistische Perfektionist Yüksel damit auch selbst. Seinen Premium-Fleisch-Döner verkauft er für 8,60 Euro. "Der Preis ist nicht gerechtfertigt", meint Lege. "Der müsste mindestens 14,90 Euro kosten." Yüksels Ansatz, nur auf beste Zutaten zu setzten, beeindruckt ihn aber sehr.
Auch der dritte Finalist ist ein Profi, der den Lebensmittelexperten schwer beeindruckt. Für die Kreationen aus dem Berliner Food-Truck "Mustafa's Gemüse Kebab" stehen die Fans Schlange. Mit Wartezeiten von bis zu einer Stunde muss gerechnet werden. Vor Ort dann die Überraschung: "Mustafa" heißt eigentlich Tarik. Er betreibt den Gemüse-Döner-Imbiss bereits seit 17 Jahren. "Ich möchte mein Leben lang Döner machen", sagt er.
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Tariks Geheimnis: Er frittiert die unterschiedlichsten Gemüsesorten - darunter auch Kartoffelschnitze - und gibt sie dem Fleisch im Fladen bei. Eine Geschmacks-Sinfonie. Oder wie Sebastian Lege staunt: "Da tanzen die Synapsen aber Tango auf dem Gaumen." Wichtige Anregungen nimmt er erneut mit ins Geheim-Labor.
Schockgefrorene Joghurt-Drops aus der Wundermaschine
Dann steht der Plan: Sebastian Lege setzt auf einen Fleisch-Mix von 60 Prozent Kalb und 40 Prozent Lamm. Er backt ein Fladenbrot, in dessen Teig er Parmesan einfügt. In der Füllung verwendet er eine Schicht Auberginen-Mousse sowie eine Gemüse-Salsa. Obenauf kommen - auch für den Knuspereffekt - fein frittierte Kartoffelstreifen.
Für den besonderen Clou wirft er mal wieder die Wundermaschine an: Sein Joghurt-Anteil basiert auf im Stickstoff-Bad schockgefrorenen Joghurt Drops. Sie sollen sich erst beim Kontakt mit dem heißen Fleisch langsam verflüssigen. Garniert wird alles natürlich mit "richtig schönem fluffigem Butterschaum". Ein sündiges Vergnügen!
Muffensausen vor dem großen Fress-Finale
Kurz vor dem Finale bringt Sebastian Lege seine Studienergebnisse noch einmal auf eine griffige Formel: "Ein bisschen Türkei, ein bisschen Deutschland, ein bisschen Physik". Trotzdem ist die Anspannung groß. "Bei mir brodelt's im Magen, als ob ich so ein Spülmaschinen-Tab gelutscht hätte", klagt er. Immerhin hat sich für Lege die Arbeit gelohnt. Er wollte zeigen, "wie viel Arbeit hinter einem Döner steckt".
Bei der Abstimmung dann gibt es ab und an entzückte Jubelschreie, als Testesser in "seinen" Döner beißen. Doch das Rennen macht einer der beiden Gegner. Mit der Auszeichnung "Deutschlands bester Döner" darf sich der Rindfleisch-Purist Yüksel aus Stuttgart schmücken. Der liebenswerte Mann bleibt sich auch in der Stunde des Triumphs treu. "Wir haben alle gewonnen", sagt er, ganz bescheiden.
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