Scholz verteidigt Elterngeld-Kürzung und Haushaltskurs

Der Kern bleibe aber, dass mehr Eltern ermutigt werden sollten, Kinder zu bekommen, sagt Scholz. Er rechtfertigt den Kurs der Etatsanierung mit Einsparungen.

Olaf Scholz hält eine Rede
Olaf Scholz verteidigt die Elterngeld-Kürzung (Bild: REUTERS/Lisi Niesner)

Kanzler Olaf Scholz hat die geplante Kürzung des Elterngelds für Familien mit hohen Einkommen verteidigt. Über die heutige Einkommensgrenze von 300 000 Euro Jahreseinkommen sagte der SPD-Politiker am Mittwoch bei der Regierungsbefragung im Bundestag: «Das ist sehr, sehr viel.» Der Kern bleibe aber, dass mehr Eltern ermutigt werden sollten, Kinder zu bekommen. Die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär hatte Scholz nach den Plänen gefragt und bemängelt, dass die geplanten Neuerungen Frauen in eine stärkere Abhängigkeit von ihren Männern brächten.

Die Pläne sind Teil des Bundeshaushalts für 2024, der am Mittwoch im Kabinett beraten wurde. Darin werden die Ausgaben des Bundes nach 476,3 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 445,7 Milliarden Euro gesenkt. Nach krisenbedingten Mehrausgaben in den Vorjahren soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wieder eingehalten werden.

Scholz rechtfertigte den Kurs der Etatsanierung mit Einsparungen. Der Haushalt sei natürlich davon herausgefordert, dass sich viele «an die großen Dimensionen gewöhnt» hätten, die mit dem Kampf gegen die Corona-Pandemie und Abfederungen von Folgen des Ukraine-Krieges verbunden gewesen seien. «Aber es ist jetzt auch klar, dass wir nun wieder Haushalte aufstellen werden, die nicht mit diesen zusätzlichen kreditfinanzierten Mitteln versuchen, Krisen zu bekämpfen.» Scholz nannte als Haushaltsprioritäten die Verteidigung, den Wandel zur Klimaneutralität und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

"Ein Kürzungskurs ist grundsätzlich unnötig, tendenziell unsozial und wirtschaftspolitisch schädlich", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der Deutschen Presse-Agentur. Die Regierung setze mit dem Haushalt ein falsches Signal. Kürzungen drückten direkt die Binnennachfrage und die Wirtschaftsleistung. "Das ist angesichts der aktuellen, prekären konjunkturellen Lage wirtschaftspolitisch kontraproduktiv."

VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte der "Augsburger Allgemeinen": "Ein starker Sozialstaat ist das Fundament unserer Gesellschaft, wir dürfen nicht zulassen, dass es zu bröckeln beginnt und zerbricht." Sie forderte Nachbesserungen vor allem in den Bereichen der geplanten Kindergrundsicherung sowie bei den Zuschüssen für die Kranken- und Pflegeversicherung. "In Deutschland wachsen drei Millionen Kinder in Armut auf."

Dass ausgerechnet auch bei Pflege oder Elterngeld gespart werden soll, sei "weder sinnvoll noch überlegt", sagte der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann laut einer Mitteilung. "Die Ampel hat sich selbst in diese Lage gebracht, weil sie Steuererhöhungen ausschließt und in einem von Krieg und Inflation geprägten Jahr die Schuldenbremse schon für 2023 wieder scharfgestellt hat - das hat die nach der Krise nötigen Spielräume genommen." Körzell wurde noch deutlicher: "Die Schuldenbremse ist eine Zukunftsbremse", kritisierte er.

Kabinett beschließt Entwurf für Bundeshaushalt

Der DGB-Vorstand forderte stattdessen zusätzliche Staatsausgaben und "massive Investitionen" etwa in Verkehr, Infrastruktur und Digitalisierung. "In China und den USA werden hunderte von Milliarden in Zukunftsinvestitionen gesteckt. Wenn Deutschland hier bremst, verliert es für lange Zeit den Anschluss."

Das Bundeskabinett hat den Regierungsentwurf am Mittwoch beschlossen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Die Bundesregierung hatte lange um die Aufstellung des Etats 2024 gerungen. Die Ausgaben des Bundes sollen nach 476,3 Milliarden Euro in diesem Jahr deutlich auf 445,7 Milliarden Euro gesenkt werden. Nach Mehrausgaben der Vorjahre wegen Corona und der Energiepreiskrise soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wieder eingehalten werden. Das Kabinett verabschiedet auch den Finanzplan bis 2027.

Das Familienministerium muss beim größten Posten des Etats, dem Elterngeld, Abstriche machen. Die Lohnersatzleistung sollen Spitzenverdiener nicht mehr bekommen, sondern nur noch Eltern, die zusammen nicht mehr als 150.000 Euro im Jahr verdienen. Bisher lag diese Grenze bei 300.000 Euro. Bei der geplanten Kindergrundsicherung konnte sich Ministerin Lisa Paus (Grüne) mit der gewünschten Summe von zwölf Milliarden Euro bisher nicht durchsetzen, Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat im weiteren Finanzplan zunächst nur zwei Milliarden Euro für 2025 als "Platzhalter" eingestellt.

Entwurf des Bundeshaushalts 2024 nach Ressorts. (Grafik: A. Zafirlis; Redaktion: B. Schaller)
Entwurf des Bundeshaushalts 2024 nach Ressorts. (Grafik: A. Zafirlis; Redaktion: B. Schaller)

Zuschuss für Pflegeversicherung fällt weg

Als Sparbeitrag fällt im Etat auch ein erst 2022 eingeführter Zuschuss für die Pflegeversicherung von einer Milliarde Euro weg. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) machte aber umgehend klar, dass es deshalb keine Leistungskürzungen geben werde. Bentele kritisierte, dass auch der für die gesetzliche Krankenversicherung vorgesehene Zuschuss niedriger als 2023 ausfalle und damit zu gering sei. Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg (CDU), der die Kürzungen wiederum für wenig zugkräftig hält, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Tatsächlich handelt es sich bei den minimalen 'Einsparungen' vielfach nur um Verschiebungen der Belastung in die Sozialkassen."

Unterstützung von den Arbeitgebern

Aus der Wirtschaft kommt Unterstützung für die Haushaltspläne der Bundesregierung. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Der Konsolidierungskurs des Bundesfinanzministers ist richtig. Wir brauchen Nachhaltigkeit auch in der Finanzpolitik. Wir unterstützen die Ampel-Regierung in diesem Bemühen." Dulger sprach von einem kraftvollen Signal der Stabilität angesichts aktueller Unsicherheiten auf den internationalen Finanzmärkten.

Der Arbeitgeberpräsident mahnte zugleich eine Begrenzung der Beiträge für die Sozialversicherungssysteme an. "Wir brauchen eine Sozialversicherungsbremse und einen klaren Fahrplan, wie die Beitragssätze wieder auf unter 40 Prozent begrenzt werden können", sagte er.

Im Video: Bundeshaushalt - Lindner will Schuldenbremse 2024 einhalten