Japan: Walfleisch aus dem Automaten

In Japan gibt es neuerdings Fleisch und andere Produkte aus dem Walfang in Automaten zu kaufen. Tierschützer*innen halten das für moralisch falsch.

Seit dem 24. Januar können Japaner*innen Walfleisch in Automaten kaufen
Seit dem 24. Januar können Japaner*innen Walfleisch in Automaten kaufen. Foto: Reuters / Androniki Christodoulou

Ein japanisches Walfang-Unternehmen bietet neuerdings Walfleisch in Automaten an. Ziel ist es laut regionalen Medien, auf diese Weise die seit Jahren sinkende Nachfrage im Land anzukurbeln.

Fragwürdige Jagdmethoden

Kyodo Senpaku ist ein kommerzieller Zusammenschluss mehrerer japanischer Fischerei-Unternehmen. Er verkauft unter anderem tierische Produkte aus dem Walfang. Seit kurzem bietet er eine neue Produktlinie an – in Automaten. Das hat zu internationaler Empörung geführt, denn Walfang ist höchst umstritten. Nur noch auf den Färöern, in Norwegen, Island und eben Japan wird kommerziell Jagd auf die Tiere gemacht. Japan ist dazu sogar vor vier Jahren aus dem Internationalen Übereinkommen zur Regelung des Walfangs, das die Jagd regulieren soll, ausgetreten.

Die Tierschutzorganisation Peta schreibt, dass der kommerzielle Walfang „viele Walarten über die Jahrhunderte hinweg an den Rand des Aussterbens getrieben“ habe. Dazu kommt, dass heutzutage mit Harpunenkanonen, die mit einer Sprengladung versehen sind, auf Wale geschossen wird. Angeblich sollen die Tiere dadurch schneller getötet werden. Peta weist aber auf einen Regierungsbericht aus Norwegen hin, wonach „beinahe ein Fünftel der angeschossenen Tiere mit schwersten Kopfverletzungen bis zu 25 Minuten lang leiden“ würden.

Fangquote soll gesteigert werden

Trotzdem, das berichten japanische Medien, verfolgt die dortige Fischereibehörde weiterhin den Plan, die eigene „Kultur des Walfangs zu schützen“ und die Walfang-Quoten wieder zu steigern. Kyodo Senpaku baut derzeit sogar einen neuen Walfänger, der die in die Jahre gekommene „Nisshin Maru“ ersetzen soll. Das alte Schiff kam zu zweifelhafter Berühmtheit, als es vor Jahren innerhalb des australischen Walschutzgebiets bei der Jagd gesehen wurde.

Um einen höhere Fangquote zu rechtfertigen, muss aber in einem ersten Schritt der Inlandsverbrauch erhöht werden. Denn der ist schon lange, aufgrund von Tierwohlbedenken und auch wegen des sich wandelnden Geschmacks unter Japaner*innen, eingebrochen.

Nostalgische Erinnerung an Walfleisch

Die Walfleischautomaten sollen das ändern. Kyodo Senpaku hat dazu in einem ersten Test vier Stück in Tokio und Yokohama aufgestellt. Neben tiefgefrorenen Produkten wie Walhaut und Walspeck, daraus können beispielsweise Sashimi und Steaks hergestellt werden, gibt es auch Konserven mit geschmortem Walfleisch. Mit den Automaten sollen Menschen erreicht werden, die gern Wal essen würden, bislang aber nicht wussten, wo es die Produkte zu kaufen gibt. Eine Unternehmenssprecherin sagte laut Yomiuri, dass die Nachfrage zum Start des Tests die Erwartungen übertroffen habe. Sollte diese sich so weiterentwickeln, könnten landesweit bis zu 100 Automaten aufgestellt werden.

Die aufsehenserregendsten Umweltproteste aller Zeiten

Das überrascht Tierschützer Ren Yabuki nicht. Er sagte kürzlich unseren australischen Yahoo-Kolleg*innen, dass es in Japan eine ausgeprägte Kultur von Automatenverkäufen gebe: „Beispielsweise befruchtete Eier oder lebendige Käfer und Würmer. Aber wie auch immer, es ist moralisch einfach falsch, lebendige Wesen in Automaten zu verkaufen.“ Dazu komme, dass heutzutage eigentlich nur noch ältere Menschen Wal essen würden – aus Nostalgie. „Ich glaube, sie haben den Geschmack nie vergessen, weil sie Walfleisch während der Lebensmittelknappheit in der Nachkriegszeit gegessen haben“, sagt Yabuki.

Zynischer Verkaufstrick

Die Entwicklungen bereiten auch internationalen Organisationen Sorgen. Im Interview mit dem Independent nannte beispielsweise Astrid Fuchs von der Tierschutzorganisation „Whale and Dolphin Conservation“ den Automatenplan einen „zynischen Verkaufstrick“. Denn ihrer Einschätzung nach treibt nur noch „eine kleine, dafür einflussreiche, Gruppe von Politiker*innen und Interessenverbänden der Walfangindustrie“ die Jagd voran.

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