"Es wird kaum was getan": Trauer und Frust am Jahrestag der Flut

Ein Jahr nach der verheerenden Flut in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind die Spuren der Katastrophe noch immer sichtbar. Häuser, Straßen, Brücken: Die gewaltigen Wassermassen rissen alles mit sich, der Wiederaufbau wird noch Jahre dauern.

Gedenkveranstaltungen in NRW und Rheinland-Pfalz

Erst ein kleiner Teil der zerstörten Gebäude steht heute wieder, einige Menschen warten noch immer auf Hilfsgelder. Uwe Schirmeister, ein 76-jähriger Rentner aus Gemünd zeigt hinter sich und sagt: "Dieses Gebäude liegt seit einem Jahr brach. Da wird kaum was getan. Und in der evangelischen Kirche sind sie nicht in der Lage, die Kirchenuhr zu reparieren. Irgendwie fehlt das Geld."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, gedachten im Ahrtal der Opfer – gemeinsam mit deren Freunden und Familien. Steinmeier sprach den Menschen Mut zu und lobte die Aufbauleistung der freiwilligen Helfer.

"Der Klimawandel hat uns erreicht"

Er betonte mit Blick auf die Überschwemmungen: "Der Klimawandel hat uns erreicht." Das zeigten auch wieder diese Tage mit brennenden Wäldern und sinkendem Grundwasserspiegel. In vielen Regionen drohe nach den Jahren 2018 bis 2020 "ein vierter Dürresommer", sagte der Bundespräsident.

Über 180 Menschen waren bei der Flutkatastrophe in Deutschland ums Leben gekommen. Zwei werden bis heute vermisst.

Zur zentralen Gedenkveranstaltung des Ahrtals in Bad Neuenahr-Ahrweiler am Abend wird auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als Gast ohne Redebeitrag erwartet. Im Kurpark der stark flutgeschädigten Kreisstadt konnten sich beim öffentlichen Gedenken bis zu 2000 Menschen versammeln.

Die Erinnerung an die Opfer sollte mit einem "sichtbaren Signal für den Zusammenhalt und den gemeinsamen Aufbruch" verbunden werden, hieß es vonseiten der Landesregierung.

Die meisten Menschen wurden in der Nacht zum 14. Juli 2021 von den Fluten überrascht, die Warnung kam zu spät. In Deutschland will man nun den Katastrophenschutz verbessern – etwa mit Frühwarnsystemen fürs Handy.

Belgien: Gedenken an 39 Todesopfer

Auch in Belgien wurde am Jahrestag um die Flutopfer getrauert, hier kamen insgesamt 39 Menschen ums Leben. König Phillip und Königin Mathilde trafen Überlebende und Angehörige der Opfer. Auch Premierminister Alexander De Croo nahm an der Gedenkveranstaltung teil.

„Die meisten der Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sagen: ‘Es war unglaublich schwierig, etwas, das niemand je erwartet hätte.’ Doch es gab auch viel Solidarität und der Wiederaufbau geht gut voran", so De Croo.

Viele der Betroffenen sind anderer Meinung. Monique Koch, eine Einwohnerin von Limburg, beklagt: "Einige Menschen haben noch immer keine Hilfe bekommen und wissen nicht, was sie tun sollen. Sie sind immer noch nicht zurück in ihren Häusern."