Kommentar: Wladimir Putin – Blender oder Bulldozer?

Der Kreml beschließt eine Teilmobilmachung und droht mit dem Einsatz von Atomwaffen. Damit setzt Wladimir Putin auf weitere Eskalation des von ihm selbst betriebenen Krieges. Ein Akt der Verzweiflung – aber die Folgen sind noch ungewiss. Was ist zu tun?

Russlands Präsident Wladimir Putin bei einem Wirtschaftstreffen in Moskau im März 2022 (Bild: Sputnik/Mikhail Klimentyev/Kremlin)
Welche Konsequenzen haben die Entscheidungen von Russlands Präsident Wladimir Putin? (Bild: Sputnik/Mikhail Klimentyev/Kremlin)

Ein Kommentar von Jan Rübel

Hört man Wladimir Putin in diesen Tagen zu, muss man denken: Russland wird angegriffen. Der Präsident redet, als müsse sich sein Land verteidigen. Dies kann aber nur verfangen, wenn man die vergangenen Monate im Tiefschlaf oder in der Antarktis verbracht hat.

Es ist keine verrückte Welt, in der wir leben. Nur manche wollen sie uns als verkehrt vorgaukeln. Putin ist solch ein Gaukler. Den Krieg gibt es nur, weil er ihn begann. Er würde enden, wenn er ihn beenden würde.

Derzeit sieht es für die russischen Truppen nicht gut aus. Im Februar wollte der Kreml einen Blitzkrieg in der Ukraine veranstalten, schnell rein und eine moskauhörige Marionette installieren. Die Motive hierfür waren nur niedrig, es gab keinerlei Bedrohungslage für Russland. Doch dann hat dieser Krieg eine andere Wendung genommen, und vor kurzem mussten die russischen Soldaten viele eingenommene Gebiete räumen. Die Teilmobilmachung begründet Putin damit, russisches Territorium müsse verteidigt werden. Dies ist eine Lüge.

Der Vormarsch der ukrainischen Kämpfer fand und findet auf ukrainischem Boden statt. Und dieses Manöver ist schon so abenteuerlich, dass keinem Ukrainer in den Sinn käme, tatsächlich nach Russland einzumarschieren. Erinnern wir uns an den Februar: Da wurde gesagt, Russland sei so übermächtig, die Ukrainer hätten eh keine Chance. Das hat sich als übertrieben erwiesen, aber ein ohnmächtiger Zwerg ist Russland gewiss nicht. Daher wird das höchste aller Gefühle und der größte aller Träume von Ukrainern sein, von Russlands Despoten endlich in Ruhe gelassen zu werden – mehr nicht. Expansive Ideen produziert nur der Lügenverbrecher im Kreml.

Mit falschem Blatt unterwegs

Auch sein letzter Taschenspielertrick überzeugt nicht: In noch von russischen Soldaten besetzten Gebieten sollen "Referenden" abgehalten werden – also sollen da Soldaten von Haus zu Haus gehen und die Bewohner nicht nach einer Tasse Tee fragen, sondern nach ihrer Meinung zur Staatsbürgerschaft – ob sie weiterhin zur Ukraine gehören oder nach Russland wechseln wollen. Demokratie sieht anders aus. Das Ergebnis stünde natürlich im Vornherein fest, ein Typ wie Putin lässt nichts anbrennen. Diese Gebiete würden dann als "Russland" gelten, und wenn dann ukrainische Truppen kämen, wären sie Invasoren auf vormals ihrem eigenen Staatsterritorium.

Und nebenbei droht Putin damit, Atomwaffen einzusetzen. Er sagte: "Ich möchte diejenigen, die solche Äußerungen über Russland machen, daran erinnern, dass auch unser Land über verschiedene Zerstörungsmittel verfügt, und in einigen Fällen sind sie moderner als die der NATO-Länder. Wenn die territoriale Integrität unseres Landes bedroht ist, werden wir natürlich alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um Russland und unser Volk zu schützen." Und dann noch: "Das ist kein Bluff. Und diejenigen, die versuchen, uns mit Atomwaffen zu erpressen, sollten wissen, dass sich die Wetterfahne drehen und auf sie zeigen kann."

Schade, dass ein lügender Kerl wie er in Verantwortung gekommen ist. Die Integrität Russlands ist kein Jota bedroht. Und mit Atomwaffen erpresst nur einer, und das ist Putin selbst. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Doch was folgt daraus?

Am besten: Rückzug

Putin hat öfters die Erzählung in die Öffentlichkeit getrieben, dass man, in die Enge getrieben, neuen Mut fassen könne. Dass dann einer wie er erst richtig aufdreht. Er erinnerte mehrmals daran, dass er als Junge im Wohnhaus Ratten mit einem Stock gejagt habe – und einmal habe er eine in die Enge getrieben und sei völlig überrascht gewesen, als diese sich aufbäumte und zum Gegenangriff übergegangen sei. Er sei dann in die Wohnung geflüchtet.

Putins Lebenscredo ist, dass die Schwachen geschlagen werden. Nun ist unklar: Ist Putin jetzt der Schwache? Ist er derjenige, der nun erst recht auf Attacke setzt?

Wir wissen es schlicht nicht. Er kann diese Erzählung auch in die Welt gesetzt haben, um besonders gut bluffen zu können.

Daher sollte jetzt Folgendes geschehen: Von seiner Mache sollten sich die freien Länder dieser Welt nicht beeindrucken lassen. Sie sollten weiterhin die Ukraine unterstützen, die nur versucht, ihre Grenzen und damit ihre Freiheit zusammenzuhalten. Von Putin braucht man sich nicht provozieren lassen. Sollte er, und zwar ganz allein, Atomwaffen einsetzen, würde es die entsprechende Antwort geben – je nach dem Ausmaß dieses Einsatzes.

So oder so wird Putin bezahlen müssen. Vielleicht macht er es ja wie damals als Kind. Dann zieht er sich zurück, geht in seine Wohnung und gut ist.