Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Freitag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Dieser Ticker wird fortlaufend aktualisiert.

  • Ukraine: Atomkraftwerk Saporischschja wieder am Netz

  • BBC: Russland verbrennt große Mengen Gas nahe Pipeline Nord Stream 1

  • Lukaschenko: Belarus hat atomar bestückbare Kampfjets

  • Bundesregierung: Lage um Atomkraftwerk Saporischschja sehr gefährlich

  • Sorge nach Notstopp im AKW Saporischschja

  • Bundesregierung verurteilt Angriff auf Personenzug in der Ukraine

  • Ukraine kontrolliert weiter 45 Prozent des Donezker Gebiets

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Ukraine: Atomkraftwerk Saporischschja wieder am Netz +++

Nach einer beispiellosen Notabschaltung ist das russisch besetzte südukrainische Atomkraftwerk Saporischschja nach Angaben aus Kiew wieder am Netz. «Heute um 14.04 Uhr (13.04 MESZ) ist einer der gestern gestoppten Blöcke des Atomkraftwerks Saporischschja an das Stromnetz angeschlossen worden», teilte der staatliche Kraftwerksbetreiber Enerhoatom im Nachrichtendienst Telegram mit. Der Reaktor werde jetzt auf volle Leistung gebracht.

Bereits am Vortag hatte der von Moskau eingesetzte Chef der russischen Besatzungsbehörden im Gebiet Saporischschja, Jewgeni Balizki, den Wiederanschluss verkündet. Die Stromversorgung des besetzten Teils der Südukraine sei ebenso bereits wiederhergestellt worden, hieß es.

Bild: REUTERS/Annegret Hilse
Bild: REUTERS/Annegret Hilse

+++ BBC: Russland verbrennt große Mengen Gas nahe Pipeline Nord Stream 1 +++

Russland verbrennt einem BBC-Bericht zufolge riesige Mengen an Erdgas nahe der im Moment kaum noch befüllten Ostseepipeline Nord Stream 1. Die Flamme bei der Kompressorstation Portowaja nordwestlich von Sankt Petersburg ist demnach bis in das benachbarte Finnland und deutlich auf Satellitenbildern zu sehen. Es soll sich um Gas handeln, das für den Export nach Deutschland bestimmt war, aber wegen der geringeren Auslastung der Leitung im Moment nicht anderweitig abgeführt werden kann.

Das Abfackeln von Gas im Verarbeitungsprozess ist nichts Ungewöhnliches. Erstaunt zeigten sich der BBC zufolge Experten jedoch über die Menge. Der Branchendienst RystadEnergy geht dem Bericht zufolge davon aus, dass dort täglich 4,34 Millionen Kubikmeter Gas in Rauch aufgehen - das entspreche einem Wert von umgerechnet rund zehn Millionen Euro am Tag.

Deutschlands Botschafter in London, Miguel Berger, sagte der BBC am Freitag, man beobachte das Abfackeln bereits seit einiger Zeit. Das zeige, dass die Verringerung des Anteils von russischem Gas am deutschen Verbrauch von über 50 auf nun etwa 10 Prozent Wirkung zeige und einen starken Effekt auf die russische Wirtschaft habe. Er fügte hinzu: «Weil sie ihr Gas nirgendwo anders verkaufen können, müssen sie es verbrennen.»

+++ Lukaschenko: Belarus hat atomar bestückbare Kampfjets +++

In der früheren Sowjetrepublik Belarus stehen jetzt nach Angaben von Machthaber Alexander Lukaschenko auch umgerüstete Kampfflugzeuge vom Typ Suchoi Su-24 für eine atomare Bewaffnung zur Verfügung. Die Maschinen seien - wie mit Kremlchef Wladimir Putin vereinbart - umgerüstet worden, sagte Lukaschenko am Freitag der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge in Minsk. «Alles ist fertig!», sagte Lukaschenko. Das Land sei damit angesichts der wachsenden Spannungen mit dem Westen in der Lage, auf vielfältige Weise auf Bedrohungen zu reagieren.

Die USA verlegten als Teil der Nato gerade Militärtechnik auch nach Osteuropa, sagte Lukaschenko. «Sie sollten verstehen, dass keine Hubschrauber, Flugzeuge sie retten, wenn sie weiter auf Konfrontation gehen», sagte er. «Ich und Putin haben das bei einem Treffen in St. Petersburg mitgeteilt, dass wir auch die belarussischen Flugzeuge Su so umrüsten, dass sie Atomwaffen tragen können.»

+++ Bundesregierung: Lage um Atomkraftwerk Saporischschja sehr gefährlich +++

Die Bundesregierung hat Forderungen nach Zugang der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) zu dem von russischen Soldaten besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja bekräftigt. Die Lage sei sehr gefährlich, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Freitag in Berlin. Meldungen, wonach das AKW wegen eines Brandes an der Stromleitung abgeschaltet werden musste, seien sehr beunruhigend, «auch wenn möglicherweise keine akute Gefahr am AKW bestand».

«Wir verurteilen die Besetzung des Atomkraftwerks durch die russischen Truppen auf das Schärfste», sagte die Sprecherin. Es sei wichtig, dass Russland umgehend wieder die Kontrolle über das Kraftwerk an die Ukraine zurückgebe.

+++ Bundesregierung verurteilt Angriff auf Personenzug in der Ukraine +++

Die Bundesregierung hat russische Raketenangriffe auf einen Personenzug und ein Wohngebiet in der Ortschaft Tschaplyne am Nationalfeiertag der Ukraine auf das Schärfste verurteilt. «Wir sind schockiert angesichts der Vielzahl an zivilen Opfern, unter ihnen mehrere Kinder. Dutzende weitere Menschen wurden verletzt, zum Teil schwer», sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin.

Die Bundesregierung trauere mit all denen, die Familienangehörige oder Freunde verloren haben. «Wir fordern Russland nachdrücklich auf, jegliche Angriffe gegen zivile Ziele zu unterlassen und sich an internationales Recht zu halten», sagte Hebestreit. Unterstützt würden Aufarbeitungs- und Ermittlungsbemühungen zu Kriegsverbrechen durch nationale und internationale Strafverfolgungsbehörden. Hebestreit: «Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.»

+++ Nach AKW-Notfall: Kiew drängt auf schnelle Expertenmission +++

Nach einem Notfall in dem von Russland besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja hat Kiew auf einen baldigen Besuch internationaler Experten gedrängt. Vertreter der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA und der Vereinten Nationen sollten unter anderem nukleare Sicherheitsstandards untersuchen, schrieb der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko in der Nacht zum Freitag auf Facebook. Haluschtschenko forderte zudem den kompletten Rückzug der russischen Truppen von dem AKW-Gelände.

Bild: Victor/Xinhua via Getty Images
Bild: Victor/Xinhua via Getty Images

Am Donnerstag war es an Europas größtem Atomkraftwerk zu einem Notfall gekommen, infolge dessen es in den umliegenden Regionen einen massiven Stromausfall gab. Der Kiewer Darstellung zufolge wurde das AKW nach russischem Beschuss zwischenzeitlich komplett vom regulären ukrainischen Stromnetz abgeklemmt und nur noch über eine Not-Leitung mit Elektrizität versorgt. Die beiden bis zuletzt betriebenen Reaktorblöcke seien notabgeschaltet worden. Mittlerweile sei das Kraftwerk zwar wieder ans ukrainische Stromnetz angeschlossen. Die beiden Blöcke seien aber weiter außer Betrieb.

+++ Ukraine kontrolliert weiter 45 Prozent des Donezker Gebiets +++

Nach über sechs Monaten russischem Angriffskrieg kontrolliert Kiew in der Ostukraine weiter große Teile des Donezker Gebiets. 45 Prozent stünden unter ukrainischer Kontrolle, sagte Militärgouverneur Pawlo Kyrylenko am Freitag beim TV-Sender Nastojaschtscheje Wremja. Vor dem russischen Einmarsch am 24. Februar standen demnach etwa zwei Drittel des Gebiets mit etwa 1,67 Millionen Einwohnern unter ukrainischer Kontrolle. Im verbliebenen Teil würden sich derzeit etwa 350 000 Menschen aufhalten, sagte Kyrylenko.

Russland war am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert. Seitdem wurde das ostukrainische Gebiet Luhansk komplett erobert. Dazu stehen weite Teile der Gebiete Charkiw, Donezk, Saporischschja und Cherson in der Ost- und Südukraine unter russischer Kontrolle.

+++ USA warnen Russland: Strom aus Saporischschja gehört der Ukraine +++

Nach Angaben des ukrainischen Betreibers Enerhoatom war Saporischschja wegen des Stromausfalls erstmals in seiner Geschichte vom Netz der Ukraine abgeschnitten. Es gibt auch Befürchtungen, dass Russland die Stromproduktion des AKW in sein Netz einspeisen könnte. Dies wäre inakzeptabel, hieß es aus den USA. «Um es ganz klar zu sagen: Das Atomkraftwerk und der Strom, den es produziert, gehören der Ukraine», sagte ein Vertreter des US-Außenministeriums.

+++ Scholz: Wir geben nur so viel, dass der Krieg nicht eskaliert +++

Deutschland unterstütze die Ukraine, wolle aber zugleich eine Eskalation des Kriegs verhindern, so dass dieser sich nicht ausweite, sagte Bundeskanzler Scholz im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern in Magdeburg. «Und da können Sie sich darauf verlassen, dass wir immer die Besonnenheit, die Klarheit und die Festigkeit besitzen werden, entlang dieses Prinzips zu entscheiden.»

Bild: REUTERS/Michele Tantussi
Bild: REUTERS/Michele Tantussi

Scholz zitierte US-Präsident Joe Biden mit den Worten, man werde keine Waffen liefern, mit denen auf russisches Territorium geschossen werden könne. «Und das, finde ich, ist ein Prinzip, an das sich auch alle anderen gleichermaßen gehalten haben», sagte Scholz.

Deutschland wird von der Ukraine, aber auch von den osteuropäischen Nato-Staaten immer wieder kritisiert, weil es gemessen an seinen Möglichkeiten eher zögerlich helfe. Berlin hat zuletzt ein Paket mit hochmodernen Waffen für eine halbe Milliarde Euro zugesagt; die Ukraine hatte aber eher um Kampf- und Schützenpanzer gebeten.

+++ Prominenter russischer Kriegskritiker muss in Hausarrest +++

Der prominente russische Oppositionspolitiker Jewgeni Roisman wurde einen Tag nach seiner Festnahme wieder aus der Haft entlassen - aber unter strikten Einschränkungen. Ein Gericht in der Millionenstadt Jekaterinburg am Ural entschied, der 59-Jährige dürfe bis Ende September keine öffentlichen Orte und Veranstaltungen besuchen. Auch dürfe er keine Post empfangen und weder telefonieren noch das Internet nutzen. Roisman war bis 2018 Bürgermeister in Jekaterinburg. Der Kriegsgegner wird beschuldigt, Falschnachrichten über die russische Armee verbreitet zu haben. Dafür drohen in Russland viele Jahre Haft.