„Es wird wirklich immer bescheuerter“ - Debatte um Wort „Spielermaterial“, Zuschauer fassungslos - jetzt äußert sich ZDF-Mann

Sie sprachen am Donnerstag im ZDF über das Spiel England gegen Dänemark, von links: Per Mertesacker, Laura Freigang, Christoph Kramer und Jochen Breyer.<span class="copyright">ZDF</span>
Sie sprachen am Donnerstag im ZDF über das Spiel England gegen Dänemark, von links: Per Mertesacker, Laura Freigang, Christoph Kramer und Jochen Breyer.ZDF

Fragwürdige Wortwahl im ZDF? Als EM-Experte Per Mertesacker über die englische Mannschaft sprach, gab es plötzlich einen Rüffel von Moderator Jochen Breyer. In sozialen Medien ist die Erregung über das etwas oberlehrerhafte Manöver im Live-TV groß.

Die ZDF-Expertenrunde war am Donnerstagabend einigermaßen aufgebracht. Das lag an der Leistung der Engländer, die auch am zweiten EM-Vorrundenspieltag ihrem Favoritenstatus kaum gerecht wurden und über ein 1:1 gegen Dänemark nicht hinauskamen. Für Verärgerung vor den Bildschirmen sorgten aber weniger die Fußballer von der Insel als vielmehr EM-Moderator Jochen Breyer. Der rügte Ex-Nationalspieler Per Mertesacker mitten in der Live-Sendung wegen einer aus Breyers Sicht unangemessenen Wortwahl.

Anstoß erregte Mertesacker mit einer Aussage über den englischen Kader: „Wenn du so ein Spielermaterial wie die Engländer hast, kannst du nicht spielen wie Union Berlin in den besten Zeiten. Die holen sich Spieler für einen defensiven Block, und dann ist das erfolgreicher Fußball. Die englischen Spieler tun mir aber richtig leid.“

Breyer merkte in Richtung des Experten-Duos Mertesacker und Christoph Kramer etwas oberlehrerhaft an: „'Spielermaterial' - weil ihr beide den Begriff öfter verwendet - ich weiß, das wird bei einigen Fans zu Hause kritisch gesehen, weil Menschen kein Material sind. Vielleicht sagen wir einfach in Zukunft 'Kader' oder 'das Spielerpotential'.“

„Okay“, quittierte Mertesacker den Hinweis mit einem Lachen.

Breyer: „Niemand hat irgendjemandem was verboten“

Am Tag darauf meldete sich Breyer via X, ehemals Twitter, zu dem Vorfall zu Wort. „Leute, ganz kurz zum Wort des Tages Spielermaterial. Niemand hat irgendjemandem was verboten. Ich habe nur das kritische Feedback, das bei dem Begriff oft kommt, an unsere Runde weitergegeben. Wir reden vor der Kamera so offen wie hinter der Kamera, das ist unser Prinzip“, schrieb Breyer.

Gegenüber der „Bild“-Zeitung sagte er weiter: „Niemand muss sich Sorgen machen, dass Chris und Per das Wort nicht mehr verwenden dürfen. Ich bekomme während eines Turniers viele Nachrichten und hatte von mehreren Leuten gehört, dass sie dieses Wort kritisch sehen. Dieses Feedback versuche ich mit einfließen zu lassen und wollte das einfach weitergeben.“

Auch Kramer äußerte sich gegenüber der „Bild“: „Ich verstehe die Kritik nicht. Per, Jochen und ich sind mega gut befreundet. Jochens Aufgabe als Moderator ist es, uns solche Hinweise zu geben. Alles cool“.

„Menschenmaterial“ ist das „Unwort des 20. Jahrhunderts“

In den sozialen Medien kam die Belehrung des ZDF-Moderators hingegen nicht gut an. „Ey Leute, es wird wirklich immer bescheuerter“, ereiferte sich ein User beim Kurznachrichtendienst X. „Spielermaterial ist ein gängiger Begriff, der niemanden ausgrenzt“, fand ein anderer.

Wenig überraschend finden sich bei X etliche User, die Breyers Einlass mit den Debatten-Kampfbegriffen „Wokeness“ und „Cancel Culture“ in Verbindung bringen. Etliche Nutzer machen sich den Spaß, den Begriff gefettet in Serie zu wiederholen.

Historisch betrachtet ist es mehr noch als „Spielermaterial“ der artverwandte Begriff „Menschenmaterial“, der als verpönt gilt.

Aufgekommen im 19. Jahrhundert und von Theodor Fontane und Karl Marx zunächst kritisch-sarkastisch verwendet, fand er sich später unter anderem bei Hitler in offen zynischer Verwendung. „Menschenmaterial“ wurde zum „Unwort des 20. Jahrhunderts“ gewählt.

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