SPD-Politiker warnt bei Lanz nach AfD-Erfolg vor "Verachtung der Demokratie"

SPD-Politiker Michael Roth äußerte im Gespräch mit Markus Lanz Unverständnis für die AfD-Wählerschaft. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
SPD-Politiker Michael Roth äußerte im Gespräch mit Markus Lanz Unverständnis für die AfD-Wählerschaft. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

 

Seit Montag ist Deutschlands erster AfD-Landrat, Robert Sesselmann, in Thüringen im Amt. Während bei "Markus Lanz" SPD-Politiker Michael Roth vor allem den Wählern Vorwürfe zu machen schien, befürchtet CDU-Landrat Werner Henning einen möglichen landesweiten AfD-Trend.

Am Mittwochabend sprach ZDF-Moderator Markus Lanz zunächst über den bewaffneten Aufstand der Söldnertruppe Wagner gegen die russische Regierung und wollte wissen, welche Auswirkungen dies auf die Zukunft des russischen Präsidenten Wladimir Putin haben könnte. Laut Russland-Expertin Sarah Pagung habe der Aufstand der Wagner-Söldner vor allem gezeigt, dass es "Risse im System Putin" gebe, denn "das Machtsystem Putins" habe ganz offensichtlich "die Kontrolle über die Information, über das Narrativ verloren".

Das System Putins habe laut der Politikwissenschaftlerin der Körber-Stiftung nur deshalb so lange funktioniert, weil politische Gegner öffentlich aus dem Weg geräumt wurden. Dies habe sich nun erstmals geändert, wie Sarah Pagung deutlich machte: "Jemand wie Prigoschin wurde als Verräter gebrandmarkt, und er ist zumindest erstmal davongekommen."

Lanz wollte daraufhin von SPD-Politiker Michael Roth wissen, wie ein Russland ohne Putin aussehen könnte. Er antwortete vorsichtig: "Ich will jetzt nicht zu kreativ spekulieren, aber es wird sicherlich kein lupenreiner Demokrat Putin folgen und an der Spitze des russischen Staates stehen." Auch die Zukunft der Wagner-Söldner sei noch ungewiss. Sarah Pagung erklärte: "Es ist gerade sehr schwer, zu sagen, wie genau es weitergeht und in welcher Form die Organisation weitergehen wird." Unabhängig davon glaube sie, dass "das Instrument eines privaten militärischen Unternehmens" für Putin "weiter opportun" sei. Michael Roth stimmte zu: "Warum sollte Putin sich die Hände direkt schmutzig machen. Er wird auch weiterhin Wagner-Gruppen brauchen."

CDU-Landrat Werner Henning machte seinem Ärger Luft und erklärte, dass sich die
CDU-Landrat Werner Henning machte seinem Ärger Luft und erklärte, dass sich die

 

CDU-Politiker befürchtet: "Was in Sonneberg passiert ist, kann andernorts wieder passieren"

Mit Blick auf Russland spannte Markus Lanz schließlich den Bogen zum Wahlerfolg der AfD in Ostdeutschland. Dabei zitierte er Sarah Pagung, die sagte: "Russland ist auch Teil der ostdeutschen Identität." Dem widersprach CDU-Landrat Werner Henning und merkte an: "Es gibt keine besondere Affinität der Ostdeutschen zu Russland." Journalistin Anne Hähnig ("Die Zeit") merkte jedoch an, dass sich mit der Zeit eine gewisse Verbundenheit entwickelt hätte, weil sich der Osten "nicht richtig im Westen angekommen fühlte". Hinter dem Höhenflug der AfD sehe Hähnig zudem die "Ampelregierung, die sich nicht über Kleinigkeiten zerstritten hat, sondern über die großen Reformprojekte". Dies habe laut der Journalistin bei vielen Wählern den Eindruck erweckt, die Ampel sei überfordert.

Auch Werner Henning, der CDU-Landrat des thüringischen Landkreises Eichsfeld, kritisierte die Bundesregierung dafür, dass sie immer mehr "große politische Themen auch auf die kommunale kleine Welt nach unten durchdringen" lasse und damit die Bürger überfordere und Ängste schüre. "Die Menschen wollen nicht in diesem Übermaß bedrängt werden von Dingen, die von Außen in ihre Welt hineinkommen", bekannte Henning. Der CDU-Politiker ergänzte: "Da ist (...) mit Sicherheit die AfD besonderer Profiteur, indem die AfD hineingeht und sagt: Ich löse das für euch alle." Mit Blick auf die Wahl von Robert Sesselmann, dem ersten AfD-Landrat in Deutschland, warnte Henning: "Was in Sonneberg passiert ist, kann andernorts wieder passieren." Auch SPD-Politiker Michael Roth stimmte zu: "Das wird vor Westdeutschland über kurz oder lang keinen Halt machen."

Bei
Bei

 

SPD-Mann Roth will "kein Ostdeutschland-Bashing betreiben"

Roth sah im Aufstieg der AfD ein "gesamtdeutsches Phänomen" und stellte fest: "Ich finde, dass wir uns dieser bitteren Wahrheit stellen müssen, dass es offensichtlich in ganz Deutschland und in einigen Teilen Deutschlands offenkundig mehr eine verfestigte Verachtung gegen Demokratie gibt, eine Geringschätzung der Freiheit." Gleichzeitig echauffierte er sich über die geschockten Reaktionen im Land und "diesen Automatismus: Wir müssen uns jetzt stärker kümmern, wir müssen zuhören, wir müssen uns der Sorgen annehmen, so als seien wir ein Armenhaus mit ganz vielen sozialen Problemen".

Russland-Expertin Sarah Pagung erklärte bei
Russland-Expertin Sarah Pagung erklärte bei

Michael Roth wetterte weiter: "Die AfD in Thüringen ist nicht irgendeine rechtspopulistische Partei. Sie wird vom Verfassungsschutz als durchgängig rechtsextrem eingestuft!" Gleichzeitig sagte er: "Ich will hier kein Ostdeutschland-Bashing betreiben, sondern ich frage mich, was können wir aus diesen Entwicklungen (...) lernen?" Darauf reagierte Werner Henning schließlich mit den kritischen Worten: "Herr Roth, Sie urteilen natürlich doch sehr stark. Sie urteilen aus Ihrer rationalen Position (...), aber was wir in Ostdeutschland erleben, ist eben nicht unbedingt so auf dieser rationalen Ebene abbildbar."

VIDEO: Markus Söder gerät mit Markus Lanz aneinander: "Sie haben ja sonst auch keine Ahnung!"