Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen vom Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Dieser Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Verletzte durch russischen Beschuss bei Hilfsgüterausgabe in Cherson

  • Ukraine meldet Angriffe um Kupjansk

  • Nach Explosion nahe Moskau: Zwölf Menschen weiter vermisst

  • London: Russland geht stärker gegen virtuelle private Netzwerke vor

  • Moskau: Erneut Drohnenangriff abgewehrt

  • «Vielen Dank, Olaf!» - Deutschland schickt mehr Waffen

  • Gefechte an allen Frontabschnitten

  • Vermisste nach Explosion in russischem Rüstungsbetrieb

Die aktuelle News-Lage:

+++ Verletzte durch russischen Beschuss bei Hilfsgüterausgabe in Cherson +++

Während der Verteilung humanitärer Hilfsgüter sind in der südukrainischen Region Cherson offiziellen Angaben zufolge mindestens sechs Menschen durch russischen Beschuss verletzt worden. Eines der Opfer im Dorf Biloserka habe schwere Verletzungen erlitten, teilte der Leiter der regionalen Militärverwaltung, Olexander Prokudin, am Donnerstag auf Telegram mit. Die Menschen wurden demnach in ein Krankenhaus gebracht.

(Symbolbild: Marco Cordone/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)
(Symbolbild: Marco Cordone/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)

Prokudin zufolge beschoss Russland die Region Cherson im Verlauf der vergangenen 24 Stunden insgesamt 65 Mal. Dabei sollen alleine in der gleichnamigen Gebietshauptstadt 16 Geschosse eingeschlagen sein. Unabhängig lassen sich Angaben aus dem Kriegsgebiet oft nicht direkt überprüfen. Die russischen Besatzer, die auf der anderen Seite des Flusses Dnipro stationiert sind, beschießen den ukrainisch kontrollierten Teil allerdings regelmäßig. Immer wieder gibt es zivile Opfer.

+++ Ukraine meldet Angriffe um Kupjansk +++

Angesichts heftiger Kämpfe bei der ostukrainischen Stadt Kupjansk haben die ukrainischen Behörden die Evakuierung von 37 Ortschaften in der Region angeordnet. Laut einer Liste, die die städtische Militärverwaltung am Donnerstag veröffentlichte, handelt es sich neben kleineren Dörfern im nördlichen und südlichen Umland auch um die am Ostufer des Flusses Oskil gelegenen Teile der Stadt. Mehr als 11 000 Menschen, darunter 600 Kinder, seien betroffen, schrieb der Leiter der regionalen Militärverwaltung, Oleh Synjehubow.

(Bild: REUTERS/Viktoriia Yakymenko)
(Bild: REUTERS/Viktoriia Yakymenko)

Die Ukraine hatte die Stadt Kupjansk im Gebiet Charkiw im vergangenen Jahr aus russischer Besatzung befreit. Die Stadt und das Umland wurden danach immer wieder Ziel des russischen Beschusses. In der Nacht zum Donnerstag soll eine Fliegerbombe des Typs Fab-25 das Gebäude der Stadtverwaltung beschädigt haben, wie Synjehubow auf seinem Telegram Kanal berichtete. Zudem sollen in derselben Nacht im nur wenige Kilometer entfernten Dorf Kindraschiwka zwei Zivilisten durch russischen Beschuss verletzt worden sein. Das Dorf steht nun ebenfalls auf der Liste der zu evakuierenden Ortschaften.

Auch fernab der Front im Westen der Ukraine wurden russische Angriffe gemeldet. Nach Angaben der örtlichen Behörden soll bei Dubno in der Region Riwne in der Nacht ein Öldepot durch einen russischen Drohnenangriff zerstört worden sein.

+++ Nach Explosion nahe Moskau: Zwölf Menschen weiter vermisst +++

Nach der schweren Explosion auf dem Gelände einer mutmaßlich für die russische Rüstungsindustrie tätigen Firma in der Stadt Sergijew Possad werden offiziellen Angaben zufolge noch immer zwölf Menschen vermisst. Nach ihnen werde in dem rund 70 Kilometer nordöstlich von Moskau gelegenen Ort weiter unter den Trümmern gesucht, meldete die Agentur Interfax am Donnerstag unter Berufung auf den Zivilschutz. Bislang seien ein Todesopfer sowie 55 Verletzte registriert worden.

Am Mittwoch hatte es auf einem Firmengelände in Sergijew Possad eine heftige Explosion gegeben. Offiziell nannten die russischen Behörden menschliches Versagen als Grund. Demnach soll ein Lager für Pyrotechnik in Brand geraten sein, das auf dem Fabrikgelände untergebracht gewesen sei. Mittlerweile soll auch der Direktor des Pyrotechnik-Betriebs festgenommen worden sein.

(Foto: Uncredited/Russian Emergency Ministry Press Service/AP/dpa)
(Foto: Uncredited/Russian Emergency Ministry Press Service/AP/dpa)

Einer Recherche des unabhängigen Portals «Agentstwo» zufolge soll das Sagorsker Optisch-Mechanische Werk, auf dessen Gelände sich die Explosion ereignete, jedoch an der Entwicklung eines neuen Kampfflugzeugs beteiligt gewesen sein. In der Vergangenheit war zudem bekannt, dass das Werk optische Geräte für den militärischen Gebrauch herstellte. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurde deshalb nun auch über eine möglicherweise gezielte Attacke auf Sergijew Possad, beispielsweise mit Drohnen, spekuliert.

+++ London: Russland geht stärker gegen virtuelle private Netzwerke vor +++

Die russischen Behörden sind nach Angaben britischer Geheimdienste zuletzt deutlich stärker gegen die Nutzung virtueller privater Netzwerke (VPN) vorgegangen. «VPN stellen wahrscheinlich die größte einzelne Schwachstelle bei den Versuchen des russischen Staates dar, inländische Informationen allumfassend zu kontrollieren», schrieb das britische Verteidigungsministerium am Donnerstag in seinem täglichen Update.

Geschützte Netzwerkverbindungen erlauben den Zugang zu Internetseiten sowie sozialen Medien, die in Russland gesperrt sind, und damit zu objektiven Informationen über staatliche Repressionen oder den Angriffskrieg gegen die Ukraine. VPN seien zwar seit 2017 in Russland illegal, aber dennoch weiterhin sehr beliebt, hieß es in London weiter.

Nun aber seien viele der bekanntesten Verbindungen unbrauchbar, zitierte das Ministerium Medienberichte. «Neben zunehmenden technischen Störungen hat der russische Staat auch eine öffentliche Kampagne gestartet, und er versucht, die Bürger mit der Behauptung, ihre persönlichen Daten seien gefährdet, dazu zu verleiten, VPN zu meiden.»

+++ Moskau: Erneut Drohnenangriff abgewehrt +++

Die russische Hauptstadt Moskau ist nach Angaben von Bürgermeister Sergej Sobjanin in den frühen Morgenstunden erneut zum Ziel eines Drohnenangriffs geworden. Zwei unbemannte Luftfahrzeuge seien gegen 4.00 Uhr Ortszeit (3.00 Uhr MESZ) von der Luftabwehr abgeschossen worden, teilte Sobjanin bei Telegram mit. Bereits am Mittwochmorgen hatte Moskau einen abgewehrten Drohnenangriff gemeldet. Die Millionenmetropole war jüngst immer wieder Ziel von feindlichen Drohnenangriffen geworden. Diese stehen allerdings in keinem Verhältnis zu den massenhaften Attacken Russlands in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Zur besseren Verteidigung gegen russische Luftangriffe hat Deutschland unterdessen die Flugabwehr der Ukraine mit zwei weiteren Abschussrampen des Waffensystems Patriot gestärkt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte mehrfach für die Militärhilfe. Sie sei mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vereinbart worden, schrieb er auf Deutsch bei Twitter: «Die Erfüllung unserer Vereinbarung wird Tausende Leben unserer Menschen retten.» Gleichzeitig brauche die angegriffene Ukraine noch viel mehr Waffen zur Flugabwehr, sagte er in seiner abendlichen Videoansprache.

An allen Abschnitten der Front gab es nach Angaben des ukrainischen Generalstabs vom Mittwochabend heftige Gefechte. In der Nacht wurde in der gesamten Ukraine Luftalarm ausgelöst.

Am Donnerstag wehrt sich das Land am 533. Tag gegen die Invasion. In der russischen Stadt Sergijew Possad bei Moskau gingen die Aufräumarbeiten und die Suche nach Vermissten nach einer Explosion in einer mutmaßlichen Rüstungsfabrik weiter.

+++ «Vielen Dank, Olaf!» - Deutschland schickt mehr Waffen +++

Auf die neuen Patriot-Abschussrampen ging Selenskyj auch in seiner Videoansprache ein und duzte sogar den Kanzler, zu dem das Verhältnis zu Anfang des Krieges noch gespannt war. «Vielen Dank, Olaf, dafür - das ist notwendig, um unser Volk vor dem russischen Terror zu schützen», sagte er. Russland bombardiert die Ukraine immer wieder mit Marschflugkörpern, Raketen und Drohnen. Deren Luftabwehr hat sich seit dem Herbst 2022 mit internationaler Hilfe stark verbessert. Die Hauptstadt Kiew gilt mittlerweile als gut geschützt. In anderen Städten und an der Front ist die Abwehr der Luftangriffe schwieriger. Bei Raketenbeschuss auf die südukrainische Stadt Saporischschja wurden nach Selenskyjs Angaben mindestens drei Menschen getötet.

Für die Ukraine sind die in den USA gebauten Patriot-Systeme besonders wertvoll, weil sie nach Kiewer Angaben schon mehrmals russische Hyperschallraketen abgefangen haben. Deutschland hat auch die Neuentwicklung Iris-T geschickt, die im eigenen Land noch gar nicht im Einsatz ist. Die Flugabwehrpanzer Gepard haben sich als effektive Waffe gegen russische Drohnen iranischer Bauart erwiesen.

Zu den neuen deutschen Lieferungen zählen auch zehn weitere Mehrzweck-Kettenfahrzeuge Bandvagn 206, sechs Schwerlastsattelzüge sowie etwa 6000 Schuss Nebelmunition für Artilleriegeschütze mit Kaliber 155 Millimeter. Das geht aus der offiziellen Liste militärischer Hilfen für die Ukraine hervor. Die Bundesregierung in Berlin aktualisiert die Liste wöchentlich. Demnach stellte Deutschland in dieser Woche auch 100 Maschinengewehre, Tausende Schießbrillen, Ferngläser und Material zum Minenräumen zur Verfügung.

+++ Gefechte an allen Frontabschnitten +++

Selenskyj berichtete, er habe mit seiner Militärführung die laufende ukrainische Gegenoffensive analysiert. «Was funktioniert gut. Was muss verstärkt werden. Was planen wir für die nahe Zukunft», sagte er. Der Generalstab in Kiew listete abends heftige Gefechte an allen Frontabschnitten im Osten und Süden des Landes auf. Bei Bachmut im Gebiet Donezk verteidige die ukrainische Armee die zurückeroberten Positionen gegen russische Angriffe. Bei Kujansk versuchten die Russen mit dem massiven Einsatz von Artillerie und Luftwaffe die Initiative zu gewinnen, sagte ein ukrainischer Militärsprecher. Diese Militärangaben waren nicht unmittelbar zu überprüfen.

+++ Vermisste nach Explosion in russischem Rüstungsbetrieb +++

Durch die starke Explosion in der russischen Stadt Sergijew Possad, etwa 70 Kilometer nordöstlich von Moskau, wurden nach offiziellen Angaben 56 Menschen verletzt. Allerdings wurden acht Vermisste bis Mittwochabend nicht gefunden, wie Stadtoberhaupt Dmitri Akulow der Agentur Interfax zufolge sagte. Eine verletzte Beschäftigte der betroffenen Fabrik starb demnach im Krankenhaus. Kritische russische Medien berichteten, dass es angeblich mehrere Tote gegeben habe.

Auf Fotos und Videos war zu erkennen, wie am Mittwochvormittag eine große Rauchsäule über der Stadt aufgestiegen war. Im Internet wurde spekuliert, dass das Sagorsker Optisch-Mechanische Werk (SOMS) Ziel eines Drohnenangriffs geworden sei. Der Betrieb stellt optische Geräte für den militärischen Gebrauch her.

Russischen Behörden zufolge ereignete sich die Explosion in einem Lager des Pyrotechnikherstellers Piro-Ross. Das Unternehmen wurde 1994 von vier Rüstungsbetrieben gegründet. Die Firma liegt der Anschrift nach ebenfalls auf dem SOMS-Gelände.

Die Stadtverwaltung rief den Katastrophenfall aus. Sie sprach von einem Verstoß gegen Sicherheitsmaßnahmen als Ursache. Die Version eines Drohnenangriffs wurde von offiziellen Stellen zurückgewiesen. Unabhängig überprüfbar waren diese Angaben aber nicht. Russland beschießt seit 17 Monaten systematisch die Ukraine. Seit einigen Monaten gibt es mutmaßliche ukrainische Gegenangriffe mit Drohnen, die in Grenzregionen einschlagen, aber auch in Moskau.